Isle of Dogs (2018)
„Von Hunden, Haikus und Heldentaten“
Augen auf! denn Wes Anderson beglückt unsere Sehnerven mit einer neuen Bilderpracht. Nach der FANTASTISCHE MR. FOX (2009) traut sich der malerische Symmetrievirutose mit seinem neuen Werk ISLE OF DOGS erneut an einen Stop-Motion Film heran. Ob der Film nicht nur ein Augenschmaus sondern auch sonst ein gehaltvolles Futter für die Filmseele ist, verrate ich euch in meiner Review von den Fantasy Filmfest Nights, wo der Film nach seiner Berlinale Aufführung als Center Piece bereits vor Kinostart zu sehen war.
Japan – irgendwann in naher Zukunft, steht es schlecht um die besten Freunde des Menschen, denn es heißt: „Hunde raus!“ So oder so ähnlich lautet das Motto des katzenliebenden Bürgermeisters Kobayashi, denn in seiner Stadt Megasaki City ist die Hundeseuche ausgebrochen. Diese Epidemie nimmt er zum Anlass, um die unzähligen Hunde der Stadt per Notverordnung auf eine nahegelegene Müllinsel zu verbannen. Eine üble Verschwörung?
Einzig und allein der 12-jährige Atari (Koyu Rankin), der elternlose Pflegesohn des Bürgermeisters, macht sich auf den Weg nach Trash Island um seinen geliebten Hund Spots (Liev Schreiber) zu retten. Begleitet wird er bei seinem tollkühnen Unterfangen von einer Bande Alpha-Hunde: Rex (Edward Norton), Boss (Bill Murray), King (Bob Balaban), Duke (Jeff Goldblum) und den Streuner Chief (Bryan Cranston). Diese bieten dem Jungen ihre Hilfe bei der Rettung ihres Artgenossen an. Wird der Junge es schaffen seinen besten Freund vor Schlimmerem zu bewahren oder kommt bereits jede Hilfe zu spät?
Ground control to major Atari
Für seinen neuesten Film konnte Regisseur Wes Anderson halb Hollywood hinter sich scharen. So prasselten bereits im Trailer unter Trommelschlägen die namhaften Lettern des Who-is-who der Branche so schnell auf uns ein, dass man mit dem Lesen kaum hinterher kam.
Anderson ist wie kein Zweiter für seinen Einfallsreichtum und seine liebevoll-ästhetische Bildsprache bekannt. Diese Detailverliebtheit kennt durch den nun animierten ISLE OF DOGS nun schier keine Grenzen und so tobt sich Anderson als Puppenspieler sichtlich vergnügt aus, wofür er auf der Berlinale auch mit einem Silbernen Bären für Beste Regie gekrönt wurde.
ISLE OF DOGS ist dabei für Wes Anderson Verhältnisse ein beinahe dreckiger Film: Müllhalden, zerzauste Streuner und ein Held, der mit seinen enormen Augenringen, fahlem Teint und Flugzeugteilen im Kopf beinahe etwas Zombie-mäßiges an sich hat.
Insgesamt dennoch ein wahrlich fabel-hafter Film, in dem Anderson den – im wahrsten Sinne – Underdogs eine Stimme verleiht. Sämtliches Bellen wurde ins Englische übersetzt, wie der Regisseur direkt zu Anfang betitelt. Das von den Menschen gesprochene Japanisch hingegen wird außen vor gelassen – und so muss man sich hier mit Deutungen von Gestik, Mimik und der Situation begnügen. Doch dies gelingt ganz wunderbar.
Dunkle Zeiten für den besten Freund des Menschen
Der Film ist nicht etwa ein Kinderfilm – nein, es handelt sich dabei um eine reizende Genre Melange aus dystopischem Sci-Fi, Hommage an die japanische Kultur und ikonischen Samurai-Filmen sowie unterschwellig-messerscharfer Gesellschaftssatire.
Doch hier geht die Gleichung leider nicht ganz auf: So möchte der Film wohl gerne revolutionär sein und sich für die Schwachen einsetzen, ist dann aber doch teilweise gespikt mit Klichees. Politische Anspielungen sind nicht ganz trennscharf, teilweise sind sogar einige Faux-pas vertreten: hier wird nicht ganz unterschwellig etwas unbeholfen der Holocaust eingebracht (Stichwort: Wasabi-Gas) und auch, dass eine amerikanische Austauschschülerin den Japanern die Demokratie beibringen will, wirkt doch etwas befremdlich.
Darüber hinaus ist Anderson mit ISLE OF DOGS zwar nicht ganz auf dem Stand der (Animations-) Technik und dadurch gewissermaßen „oldschool“ – aber vielleicht auch gerade deshalb herrlich liebenswert und bleibt seiner Linie somit gewissermaßen treu.
Every frame a masterpiece: ISLE OF DOGS ist wie erwartet ein visuelles Feuerwerk und hüllt den Zuschauer in einen Rausch der Sinne. Beinahe in jeder Szene gibt es immer wieder kompositionelle Brotkrumen zu entdecken. Somit kann man sich an dieser Mannigfaltigkeit kaum satt sehen, die erneute Sichtungen des Filmes begünstigt.
Der Film ist eine liebevolle Verbeugung an das Heldentum, das Band der Freundschaft, und möchte Intoleranz und Ausgrenzung eine (Müll-) Abfuhr erteilen – was jedoch nicht gänzlich gelingt. Ein Gang ins Kino lohnt sich jedoch in jedem Falle, denn der Film macht trotz der ein oder anderen Länge unheimlich Spaß – und das sage ich als angehende Verrückte-Katzen-Lady irgendeiner Straße.
8 / 10
Titel: | Isle of Dogs |
Produktionsjahr: | 2018 |
Altersfreigabe: | FSK 6 |
Regie: | Wes Anderson |
Cast: | Edward Norton, Bill Murray, Kunichi Nomura, Bryan Cranston, Jeff Goldblum, Liev Schreiber, Greta Gerwig, Tilda Swinton, Frances McDormand, Scarlett Johansson, Harvey Keitel |
Produktionsland: | USA, Deutschland |
Länge: | 101 Minuten |
Kinostart: | 10. Mai 2018 |