Ich bin dann mal weg (2015)
„Auf dem Weg zu sich selbst“
„Gestatten: Hans-Peter Wilhelm Kerkeling. 36 Jahre, Künstler, Raucher, Komiker, Zuschauer, Leser, Hörer … und Pilger“. So stellt sich uns der Entertainer aus dem Off vor. Ob als Horst Schlämmer oder Königin Beatrix der Niederlande– Hape Kerkeling war Kult und ein wichtiger Bestandteil der deutschen Comedy-Szene. Doch in den letzten Jahren ist es ruhig um den Komiker geworden. Jetzt ist er wieder zurück – zumindest in Form seiner Lebensgeschichte auf großer Leinwand.
Nach einem Burn-Out mit Hörsturz und der operativen Entfernung der Gallenblase, wird Kerkeling (Devid Striesow) aus ärztlicher Sicht geraten sich eine drei monatige Auszeit vom Showbusiness zu nehmen. Kurzer Hand beschließt Hape den Jakobsweg entlang zu pilgern, ganz zum Entsetzen seiner Agentin Dörte (Annette Frier). „Ich bin dann mal weg“ – so verabschiedet sich der Entertainer im Sommer 2001 von Familie und Freunden.
Yo y Tú – Ich und Du
Der Camino de Santiago: 769 Kilometer vom französischen Saint-Jean-Pied-de-Port bis ins spanische Santiago de Compostela. Kerkeling, eine Couch-Potato und selbst nicht sonderlich gläubig, weiß zu Beginn seiner Reise auch noch nicht so genau was er sich von diesem Abenteuer erhofft. Doch eines ist irgendwie sicher: er ist auf der Suche. Nur wonach? Nach sich selbst? Nach Gott? Oder doch nach „der“ Wahrheit? Sein treuer Begleiter: ein Notizheft.
Auf seinem Leidensweg trifft er immer wieder auf die gleichen Gestalten. Jeder von ihnen hat seinen ganz eigenen Grund diese Reise zu begehen und trägt sein eigenes Päckchen mit sich herum.
Da ist zum einen die flapsige Journalistin Lena (Karoline Schuch), die das ganze eher widerwillig zum Zweck einer Live-Berichterstattung vom Jakobsweg macht. Zum anderen gibt es die hilfsbereite, aber mysteriöse Einzelgängerin Stella (Martina Gedeck), die den Weg schon öfter entlang pilgerte, es bislang jedoch nie zum Ziel schaffte. Während seiner Reise durchlebt Hape neben den Höhen und Tiefen (der Pyrenäen) auch Rückschläge, schafft es aber dennoch sich stets erneut zu motivieren, bis er nach einigen Monaten der Selbstfindung am Ziel ankommt.
Ein nachhallender Gong
Mit ICH BIN DANN MAL WEG erscheint nun 9 Jahre nach Veröffentlichung des gleichnamigen Buches die Verfilmung. Recht spät, denn damals führte das Werk von Hape Kerkeling 100 Wochen lang die Sachbuch-Bestseller Liste an. Zudem bietet sich die Vorlage eher mäßig für eine Kinoadaption an. Ein Pilger-Reisebericht mit philosophisch-religiösem Touch – nicht gerade einfach auf die Leinwand zu bringen.
Und genau daran krankt der Film. ICH BIN DANN MAL WEG kann neben tollen Landschafts-aufnahmen die Kerngedanken Kerkelings nicht adäquat vermitteln. Zitate wirken wirr aus dem Kontext gerissen – komplexe, reflektierte Gedankengänge können sich nicht entfalten.
Auch die ausgewählten Szenen aus Kerkelings Kindheit und Jugend wirken wahllos eingestreut. Besonders solche, die sich mit den ersten Schritten im Showbiz beschäftigen. Viel besser fügen sich hingegen die kindlichen Auseinandersetzungen mit Gott nach dem frühen Tod seiner Mutter in die Gesamtthematik ein.
In ICH BIN DANN MAL WEG finden jedoch auch schöne Analogien ihren Platz. So philosophiert Kerkeling in einer Finka darüber, dass Gott nichts anderes als ein Film sei, der im örtlichen Kino laufe. Die Leinwand hängt schief, der Ton rauscht, andere Zuschauer nehmen einem die Sicht. Ein ganz besonders festlicher und erhabener Moment wird jedoch erst gegen Ende des Films eingefangen: er zeigt ein riesiges Weihrauchfass, dass durch eine Kathedrale pendelt. Ein beinahe schon meditativer und andächtiger Augenblick.
Hinzuzufügen ist, dass mit Devid Striesow hier unter der Regie von Julia von Heinz ein Glücksgriff getätigt wurde. Einen anderen Schauspieler als Kerkeling sich selbst spielen zu lassen, war eindeutig die richtige Entscheidung. Denn schon nach kurzer Zeit vergisst man, dass es sich nicht um den Autor selbst handelt.
ICH BIN DANN MAL WEG ist ein netter, jedoch durchschnittlicher Feel-Good-Movie mit Poesiealbum-Sprüchen geworden. Der Film bleibt seicht und schneidet die Grundthematik leicht humoristisch an. Dennoch schafft es ICH BIN DANN MAL WEG einem kleine Denkanstöße für seinen weiteren Weg zu geben – auch wenn dieser zunächst einmal aus dem Kinosaal herausführt. Für einen überdurchschnittlichen Anstieg an deutschen Pilgern auf dem Jakobsweg wird der Film im Gegensatz zur Vorlage jedoch kaum sorgen.
Für alle Freunde des Buches ist der Film vielleicht ein netter Reminder an die geliebte Lektüre – die Kinoadaption hingegen wird jedoch kaum im Gedächtnis bleiben.
5 / 10
Titel: | Ich bin dann mal weg |
Produktionsjahr: | 2015 |
Altersfreigabe: | FSK 0 |
Regie: | Julia von Heinz |
Cast: | Devid Striesow, Martina Gedeck, Karoline Schuch, Katharina Thalbach, Annette Frier |
Produktionsland: | Deutschland |
Länge: | 92 Minuten |
Kinostart: | 24. Dezember 2015 |
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Trailer:
Beitragsbild: © Warner Bros.
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Hab ich mal als Hörbuch probiert, aber bin nie weit gekommen. Kerkeling, das ist für mich vor allem Kein Pardon und der Hurz!-Auftritt. Club Las Piranjas, Die Oma ist tot und Samba in Mettmann zähle ich zu den eher repräsentativen Werken. Obwohl er mir dabei als kleinbürgerlichere Variante von Loriot zusagt, konnte ich speziell mit seinen Beiträgen zur Fernsehlandschaft nur bedingt etwas anfangen. So hatte ich mich schon lange damit abgefunden, daß Kerkeling für mich nicht als Marke funktioniert, sondern nur in Auszügen genießbar ist. So wie du den Film beschreibst, werde ich wohl auch darauf sehr gut verzichten können, finde es aber durchaus ambitioniert, so eine Vorlage überhaupt umsetzen zu wollen. Und nun bitte mehr über Star Wars. 😉
Von mir wird es keine Review zu STAR WARS geben 😉
Dann müssen wir da aber noch mehr drüber sprechen.^^