Django (2017)
„Eine beswingte Saite des Krieges“
Ein „Zigeuner“ der „Negermusik“ spielte und dafür auch noch von Goebbels und Co. hofiert wurde? Ging nicht? Ging doch! Und was passierte eigentlich neben den Juden und anderen Minderheiten mit den Sinti und Roma zu Zeiten des Zweiten Weltkrieges? Die Antwort: DJANGO!?
Frankreich, 1943. Der begnadete Jazzgitarrist Django Reinhardt (Reda Kateb) ist auf dem Gipfel seines Erfolges. Abend für Abend spielt er in ausverkauften Sälen und begeistert das Publikum mit seinem Gypsy-Swing, einer Musik voller Lebenslust und Witz, der sich auch die deutschen Besatzer nicht entziehen können. Während andere Sinti in ganz Europa verfolgt werden, kann sich Django aufgrund seiner Popularität in Sicherheit wiegen – bis ihn die Nationalsozialisten auf Tournee nach Deutschland schicken wollen. Django weigert sich. Seine Pariser Geliebte (Cécile de France) hilft ihm, mit seiner schwangeren Frau und seiner Mutter an der Schweizer Grenze unterzutauchen. Hier trifft er auf Mitglieder seiner weitverzweigten Familie, die ebenfalls auf der Flucht sind. Über den Genfer See will er in die Schweiz gelangen, doch die Nazis sind ihm dicht auf den Fersen.
Lass uns ins Kino gehen und ein bisschen Träumen
… DJANGO – EIN LEBEN FÜR DIE MUSIK lädt leider nicht gerade zum Träumen ein. Dabei hatte der Film durchaus Potenzial. Django Reinhardt – ein Mann, ein Musiker, ein Mythos: Von ihm existieren nur wenige Bilder und noch viel weniger Video-Aufnahmen oder überlieferte Kompositionen. Ich selbst hatte zuvor noch nie etwas von diesem Ausnahmekünstler gehört, der aus einer Not (ein Brand in einem Wohnwagen ließ seine linke Hand stark vernarben) eine Tugend machte und zu einem bedeutenden Gitarrenspieler wurde.
Dabei bemüht sich Regisseur Etienne Comar in DJANGO um eine unkonventionelle Art des Biopics, indem er das Leben des Protagonisten nicht von der Wiege bis zur Bahre erzählt, sondern lediglich ein Jahr, eine Momentaufnahme – 1943 – aus seinem Leben herausgreift. Ein guter Ansatz, doch leider steckt die Handlung über die gesamte Lauflänge fest – genau wie Django mit seiner Familie am Genfer See, sehnsüchtig darauf wartend in die rettende Schweiz zu gelangen. Lediglich die eindringliche Eingangssequenz brennt sich in das Gedächtnis des Zuschauers ein.
Wilder, hohler Ritt auf Saiten
Ebenfalls schön anzuschauen: Ein Dialog zwischen Django und seiner Frau Naguine (Bea Palya) in dem sie mit sich mit ihm unterhält während er Gitarre spielt. Beinahe wirkt es so als ob er durch die Töne seiner Gitarre zu ihr spricht. Musik beginnt da wo die Worte enden, möchte man in diesem Moment meinen. Ansonsten verliert sich der Film jedoch irgendwo zwischen Biopic, Musikfilm, Flüchtlingsdrama und Kriegsromanze und entbehrt somit beinahe jeglicher Relevanz.
Reda Kateb hat sich sichtlich versucht in den Charakter und die Fähigkeiten des Musikers hineinzufinden, jedoch wird dem Zuschauer jegliche emotionale Verbindung zum Protagonisten verwehrt. Ein kleines Highlight: Djangos verschroben-herzliche Mutter Negros, die grandios von Bim Bam Merstein verkörpert wird.
DJANGO – EIN LEBEN FÜR DIE MUSIK ist leider weder Fisch noch Fleisch. Er stellt einen egozentrischen, befremdlichen Charakter in den Mittelpunkt der dann irgendwie doch nicht die erste Geige spielt. So fragt man sich als Zuschauer nämlich eher welches Schicksal die Nebencharaktere ereilt haben könnte anstatt das Interesse für den Mann im Rampenlicht zu wecken.
Nichtsdestotrotz war es äußerst interessant und erfrischend ein wenig mehr über die Sinti und Roma während des Zweiten Weltkrieges zu erfahren – insbesondere die Passagen in denen in ihrer Sprache gesprochen wird, die merklich vielen linguistischen Einflüssen unterliegt, sind äußerst interessant. Leider verkommt eben dieser erfrischende Aspekt zur Randnotiz. Für Fans von Django Reinhardt bzw. vielmehr seiner Musik dürfte der Film dennoch durchaus einen Blick wert sein.
Zuletzt reißt der Film eine hochaktuelle Frage an: Wie politisch dürfen/wollen/müssen … Musiker sein? Doch eine Antwort weiß DJANGO darauf leider nicht zu geben.
4,5 / 10
Titel: | Django – Ein Leben für die Musik (Django) |
Produktionsjahr: | 2017 |
Altersfreigabe: | FSK 12 |
Regie: | Etienne Comar |
Cast: | Reda Kateb, Cécile de France, Àlex Brendemühl, Maximilien Poullein, Ulrich Brandhoff, Alexandre Sauty, Aloïse Sauvage, Antoine Laurent, Gabriel Mireté |
Produktionsland: | Frankreich |
Länge: | 117 Minuten |
Kinostart: | 26. Oktober 2017 |