Amy – The Girl Behind The Name (2015)
„Ein Zerrstück der Gesellschaft“
23. Juli 2011 – der leblose Körper von Amy Winehouse wird in ihrer Londoner Wohnung aufgefunden. Wie sich später herausstellte mit 4,16 Promille Alkohol im Blut. Und das mit gerade einmal 27 Jahren. Besonders tragisch: Amy wurde an einem Punkt aus dem Leben gerissen, an dem es ihr besser ging. Wie konnte es dazu kommen? Dieser Frage versucht die Dokumentation AMY – THE GIRL BEHIND THE NAME auf den Grund zu gehen.
Es ist beinahe das ganze Leben eines Menschen, das während der zugegebener Maßen recht langen zwei Stunden Laufzeit an einem vorbeizieht. Die Geschichte einer Ausnahmekünstlerin, einer jungen Frau, die auf der Suche nach Liebe war, mit ihren Dämonen kämpfte und verlor. Man durchlebt den Werde- oder viel mehr Untergang einer Person, die gebeutelt durch den enormen Erfolg begann sich in Luft aufzulösen und stets zwischen den Extremen wandelte. Beehive, extravaganter Lidstrich, Exzesse – so oder so ähnlich haben die Meisten Amy Winehouse im Gedächtnis behalten. Doch was mag noch hinter dieser Person gesteckt haben?
I fell in love with someone who I would have died for. And that’s like a real drug, isn’t it?
Die Dokumentation des Regisseurs Asif Kapadia, der bereits das Schicksal Ayrton Sennas in einem Film nachzeichnete, ist eine emotionale Bilderflut. AMY ist eine chronologische Collage, bestehend aus geführten Interviews, Papparazzi-Material, privaten Videos und vielem mehr. Das Schöne dabei ist, dass beinahe im ganzen Film mit Voice-Over gearbeitet wird. So wird der Zuschauer nicht durch permanente
Interviewszenen aus „Amy’s Leben“ gerissen. Darüber hinaus ist AMY an vielen Stellen mit eingeblendeten Lyrics ihrer Songs unterlegt, die zu Beginn etwas nervig erscheinen. Doch es sind eben diese Textzeilen, die den roten Faden durch den Film bzw. durch Amys Leben bilden.
Ihre Songtexte: quasi öffentliche, vertonte Tagebucheinträge. Geschiedene Eltern, ein Vater, der zurück in Ihr Leben trat, als sie berühmt wurde, ein Ehemann, der ihr nicht gut tat und sie selbst in der Entzugsklinik wieder mit Drogen versorgte, der Alkohol, ihre jahrelange Bulimie. Es staut sich eine Wut und Verständnislosigkeit im Kinositz auf. Im krassen Kontrast dazu die markerschütternden, tränenersticken Stimmen Amys bester Freundinnen im Off, die nicht mehr wussten wie sie Amy helfen konnten. Spätestens an dieser Stelle sollte man die Taschentücher bereit halten.
Ja, der Film lässt erahnen wer die „Schuld“ am Unglück trägt – liefert aber letztlich keine eindeutigen Antworten und das ist auch gut so, denn die Wahrheit mag sich irgendwo in der Mitte wiederfinden.
Ich war nie ein Amy Winehouse Fan – ich trällerte „Rehab“ und „Valerie“ im Radio mit und hörte in traurigeren Stunden „Back to Black“ oder „Love is a Loosing Game – das wars dann aber auch.
Doch der großartige Trailer, der bei mir (auch nach mehrmaligem Sehen) noch Gänsehaut verursacht, zog mich in seinen Bann. Kaum einen anderen Trailer habe ich meiner Meinung nach öfter gesehen. Ergo: wem der Trailer gefällt und fesselt, der sollte sich AMY unbedingt ansehen. Für Fans ist er ohnehin ein
Muss. Nach dem ich den Film gesehen hatte, fand ich zu ihrer Musik zurück. Mir wurde klar, was für eine begnadete Sängerin Amy Winehouse doch war – und eben nicht nur das Wrack das ich im Gedächtnis hatte. Ich lernte ihre Musik neu zu schätzen und merkte, dass ich in den Jahren ihres Ablebens gereift bin.
Es ist natürlich fragwürdig, ob der Film in ihrem Sinne ist, denn so wurde ihr Privatleben wieder in der Öffentlichkeit breitgetreten etwas, das sie stets hasste und für sich schützen wollte. Alles nur Geld-Macherei post-mortem? Wer sie vorher wie ich hauptsächlich durch ihre Skandale in Erinnerung behielt, kommt ihr näher – man möchte resümierend beinahe beklagen: meine Freundin Amy, die ich leider nie kennenlernen konnte.
ohne Wertung
Titel: | Amy – The Girl Behind the Name |
Produktionsjahr: | 2015 |
Altersfreigabe: | FSK 0 |
Regie: | Asif Kapadia |
Cast: | Amy Winehouse, Blake Fielder-Civil, Pete Doherty, Mark Ronson, Tony Bennett |
Produktionsland: | Großbritannien |
Länge: | 127 Minuten |
Kinostart: | 29. Oktober 2015 |
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Trailer:
Beitragsbild: © Prokino
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