Crimson Peak (2015)
„Ein Schauermärchen in Scharlachrot“
„Ich will meine Augen nicht schließen, ich will sie immer offen halten“, verrät uns die junge Protagonistin. Auch als Zuschauer sollte man diesem Motto beim Betrachten von CRIMSON PEAK Folge leisten, denn Regisseur Guillermo del Toro gilt als Meister der fantastischen, detailverliebten Horrorgeschichten. Doch was kann CRIMSON PEAK, die er selbst eher als eine Gothic Romance beschreibt?
Buffalo, New York, Anfang des 19. Jahrhunderts: die junge Edith Cushing (Mia Wasikowska) lebt mit ihrem alleinerziehenden Vater (Jim Beaver), einem Industriellen, ein sorgloses Leben in der oberen Gesellschaft. Doch in eben diese vermag sich die junge Frau nicht gänzlich einzufügen. Sträubt sie sich doch gegen die ihr der zeitbedingten Konventionen. Seit Kindertagen geprägt durch das Erscheinen eines Geistes in Gestalt ihrer Mutter nach ihrem frühen Tod, versucht sich Edith als Schriftstellerin und hat es als Frau wahrlich nicht einfach damit.
Sie träumt davon ihre Geschichten zu veröffentlichen, in denen auch Geister vorkommen – ganz zum Ärgernis ihres Verlegers. Dieser tut ihre Manuskripte als Geistergeschichte ab – es fehle an einer Liebesgeschichte. Doch eine solche möchte die emanzipierte Frau nicht schreiben, fehlt es in ihrem Leben doch selbst an einem Objekt ihrer Begierde. Über die Affektion ihres Jugendfreundes, des jungen Arzt Dr. Alan McMichael (Charlie Hunnam) ihr gegenüber ist sie sich bewusst, doch so ganz kann sie ihr Herz für ihn nicht erwärmen.
Doch als der charmant-betörende, britische Aristokrat Sir Thomas Sharpe (Tom Hiddleston) mit einem Investitionsgesuch an ihren Vater richtet und somit in Ediths Leben tritt, ist es um sie geschehen. Ihr Vater ist indes nicht begeistert von den Anbandelungen zwischen den beiden und damit soll er nicht alleine bleiben. Denn auch Thomas‘ unterkühlte, wenn auch sehr kultivierte Schwester Lucille (Jessica Chastain) beäugt die aufkeimende Liebe äußerst kritisch. Doch eine schreckliche Familientragödie veranlasst Edith in Thomas‘ Heiratsantrag einzuwilligen und Amerika den Rücken zu kehren.
Im Hinterland Englands angekommen, betritt das frisch vermählte Paar Allerdale Hall. Das marode Schloss steht auf einem Hügel aus karmesinrotem Lehm der das schneebedeckte Land Stück für Stück in ein schieres Blutmeer verwandelt, daher der Name der Region: Crimson Peak.
Den Titel der Hausherrin beansprucht Lucille jedoch weiterhin für sich und auch ihren Bruder scheint sie nicht teilen zu wollen. Schon bald bringen Edith auch Geister in Bedrängnis, die in diesen alten Gemäuern gefangen und durch ein grausames Schicksal miteinander verbunden zu sein scheinen.
Von sterbenden Schmetterlingen und lebenden Motten
Wer meint der Bär aus THE REVENANT hätte einen Preis verdient, hat es hier das Haus eindeutig ebenfalls. Das Haus hat eine Seele. Aus den Rohren strömt scheinbar blutrotes Wasser, knarrt und ächzt unter jahrhundert-schweren Geheimnissen und versinkt im roten Lehm – man möchte meinen, dass es aus allen Poren blutet. Durch das klaffende Loch im Dach des Hauses scheinen hier zudem ganz eigene Jahreszeiten zu herrschen.
Edith, der schöne Schmetterling mit alabasterfabener Haut und zarten Gewändern ist an diesem Ort scheinbar nicht lebensfähig – anders als die unansehnlicheren Motten, die hier den Platz der klischeehaften Fledermäuse einnehmen.
Der Regisseur tanzt mit uns indes einen Todes-Walzer, ohne dass die Flamme des Films und des Interesse des Zuschauers ganz erlischt – dennoch ist sie immer kurz davor. So wird aus der zunächst emanzipierten, intelligenten und toughen jungen Frau, ein schreckhaftes Heimchen, das den Reizen des blässlichen Schönlings mit den zarten Händen erliegt und all ihre Ambitionen scheinbar über
Bord wirft. Auch wird dem Zuschauer im Trailer eine Geistergeschichte verkauft.
Dabei dienen sie in CRIMSON PEAK lediglich als albtraumhaftes Stilelement, das die Protagonistin warnen soll. Die bereits seit Kindstagen vorhandene Verbindung zum Übernatürlichen wird hier nicht weiter ausgebaut und narratives potential verschenkt. Kreativer ist man hier mit der Gestaltung der Geister. Es sind dürre Gestalten mit bis in die fast Unkenntlichkeit schmerz-verzerrten Gesichtern und wirken, als ob sie Kerzenrauch schuf, der sie scheinbar immer noch umgibt.
Liebe macht aus uns allen Monster
Für die Rolle des Sir Thomas Sharpe und der Edith Cushing waren zunächst Benedict Cumberbatch und Emma Stone angedacht. Die letztliche Besetzung erscheint mir jedoch etwas stimmiger. Geht von Hiddleston eine schaurig-schöne Mystik aus. Auch mit der kindlich wirkenden Mia Wasikowska, die neugierig durch das Haus tapert und der steinharten, bitterbös-kalten Jessica Chastain hätte die Besetzung wohl kaum besser ausfallen können.
Auch das viktorianische opulente Kostümdesign von CRIMSON PEAK sowie die aufwändigen Kulissen und sorgfältig ausgewählten Props sind hier lobend zu erwähnen. Ebenso der passende schwer- und wehmütige streicher- und pianolastige Score, der dennoch stellenweise zum Träumen einläd. Besonders hervorzuheben ist in meinen Augen das wunderschöne Stück „Edith’s Theme“. Selten hallte eine Melodie so lange in meinem Kopf nach.
CRIMSON PEAK ist in der Tat schön anzusehen und anzuhören. Jedoch ist der Film leider sehr vorhersehbar und weit davon entfernt auf irgendeine Art und Weise neue Maßstäbe zu setzen – er ist einfach nichts Außergewöhnliches und schustert alt bekannte Handlungsmotive unter dem Deckmantel des Namen Del Toro und des erstklassigen Casts zusammen.
Del Toro beweist abermals, dass er Ästhet ist und sich auf das kreieren einer morbiden Atmosphäre versteht, aber wahrlich kein Dramaturge ist. Doch wer es mag sich im Stil der Epoche zu verlieren und wen der düstere Look anspricht, macht mit CRIMSON PEAK definitiv nichts falsch. Zum Anschmachten eines Tom Hiddleston reicht es allemal.
6 / 10
Titel: | Crimson Peak |
Produktionsjahr: | 2015 |
Altersfreigabe: | FSK 16 |
Regie: | Guillermo Del Toro |
Cast: | Mia Wasikowska, Jessica Chastain, Tom Hiddleston, Charlie Hunnam, Jim Beaver, Doug Jones, Jim Watson |
Produktionsland: | USA |
Länge: | 119 Minuten |
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Trailer:
Beitragsbild: © Universal
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