Get Out (2017)
„Schwarzer Peter der Gesellschaft“
GET OUT sorgte bereits im Vorfeld für Furore: Der Film landete einen Überraschungshit in den USA und stiegt zu einem der erfolgreichsten Horrorfilme aller Zeiten auf. Doch wird GET OUT seinen Vorschusslorbeeren gerecht und ist der neue Genre-Geheimtipp?
Fotograf Chris (Daniel Kaluuya) und Rose (Allison Williams) sind seit fünf Monaten ein Paar. Ihre unterschiedliche Hautfarbe hat sie dabei nie gestört. Doch nun wollen sie den nächsten Schritt in ihrer Beziehung tun und Chris soll Rose‘ Eltern treffen. Dieser hat jedoch Bedenken, da Chris Rose‘ erster schwarzer Freund ist und ihren Eltern von seiner Hautfarbe nichts erzählt hat.
Bei den Schwiegereltern angekommen, verfliegt diese Angst zunächst: Denn Chris wird von Rose‘ Eltern Dean (Bradley Whitford) und Missy (Catherine Keener) herzlich empfangen. Nur die Tatsache, dass die Beiden zwei seltsame schwarze Hausangestellte beschäftigen wirkt zunächst befremdlich. Zudem wird Chris von einem Freund gewarnt, dass in dem Vorort in letzter Zeit viele Schwarze spurlos verschwunden sind. Je länger sich Chris auf dem Anwesen aufhält, desto mehr Zweifel überkommen ihn. Wo ist er da nur hineingeraten?
Wer hat Angst vorm schwarzen Mann?
Lobeshymnen zu GET OUT schwappten schon früh über den großen Teich. Dementsprechend war auch ich in freudiger Erwartung auf den als Genrerevolution angepriesenen Film. GET OUT ist das Regiedebüt des Komikers Jordan Peele und darf als Gesellschaftshorror verstanden werden – denn der Film bewegt sich irgendwo zwischen Horror, Thriller und Satire. Gekonnt wird während des Films mit dem Wort „schwarz“ in zahlreichen Wortwitzen gespielt sowie keine Gelegenheit für rassistische Doppeldeutigkeiten ausgelassen. So betont Rose‘ Vater, dass er Obama am liebsten nochmal gewählt hätte, wenn dies den möglich gewesen wäre oder ein Partygast bekundet seine Bewunderung für Tiger Woods als bester Golfspieler der Welt. Ich gehe stark davon aus, dass dieser pointierte Humor in der Originalfassung wesentlich besser zu tragen kommt als in der deutschen Fassung, die in der Pressevorführung gezeigt wurde.
Jesse Owens – Traum oder Trauma des weißen Mannes?
Der Film vermittelt uns ein Gefühl und einen Eindruck davon, wie es in den USA ist, schwarz zu sein oder einer Minderheit in diesem Land anzugehören. Während andere Horrorfilme darauf sinnen das blutrünstigste, verrückteste oder krankeste Monster auf die Protagonisten loszulassen, nimmt hier die Gesellschaft selbst diesen Platz ein – eine grausige Erkenntnis.
GET OUT ist atmosphärisch dicht gestrickt, obwohl der eigentliche Plot doch sehr überschaubar ist. Eine weitere Stärke neben dem sehr guten Drehbuch und dem starken Soundtrack ist die schauspielerische Leistung der beiden Hauptdarsteller – Daniel Kaluuya, Allison Williams. Weniger gut fügt sich Rose‘ Bruder Jeremy, gespielt von Caleb Landry Jones, in das Ensemble ein, der vor allem einem Drogenjunkie gleicht. Darüber hinaus wurden leider einige Selbstreferenzen während des Films verschenkt und der Zuschauer hier und da etwas entmündigt und oft an die Hand genommen. Die Horrorelemente wie Jumpscares sind zu Beginn noch sehr gut – werden dann jedoch zunehmend inflationär eingesetzt, sodass der Horrorcharakter dem eines Thrillers weicht (inklusive einiger guter Plottwists).
Run Rabbit Run
GET OUT ist abschließend eine clevere Satire, die mit einer im positiven Sinne unangenehmen Stimmung den Zuschauer fesselt. Eine Metapher auf die US-amerikanische Gesellschaft, die den alltäglichen Rassismus und Demütigungen zeigt, denen Afroamerikaner und andere Minderheiten ausgesetzt sind. Dank der tollen Darsteller und einem spannenden Skript in dem geschickt mit Rassismus-Klichees gespielt wird, wird man hier durch den abwechslungsreichen Genremix gut unterhalten. Ein intelligenter Film mit einer mehr als aktuellen und wichtigen Thematik, der das Horrorgenre auf seine Art und Weise durchaus revolutioniert, jedoch keine Offenbarung ist. Erwartet hatte ich einen eher Independent-geprägten Film, der in diesem Sinne hinter meinen hohen Erwartungen zurückgeblieben ist und gen Ende doch zu sehr Richtung Hollywood abdriftet. Nichtsdestotrotz ist GET OUT ein wunderbarer Film, der das Sujet Rassismus in Zeiten zunehmender Rechts-Radikalisierung auf den Kopf stellt und neu interpretiert.
7,5 / 10
Titel: | Get Out |
Produktionsjahr: | 2017 |
Altersfreigabe: | FSK 16 |
Regie: | Jordan Peele |
Cast: | Daniel Kaluuya, Allison Williams, Bradley Whitford, Caleb Landry Jones, Stephen Root, Lakeith Stanfield, Catherine Keener |
Produktionsland: | USA |
Länge: | 104 Minuten |
Kinostart: | 04. Mai 2017 |
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Trailer:
Beitragsbild: © Universal Pictures
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